einsame zahme Nebelkrähe

andrea2503

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Hallo an alle,

ich habe ein großes Problem. Meine Mutter hat vor vier Jahren eine junge, verletzte Nebelkrähe (Bein und Flügel gebrochen) gefunden und gesundgepflegt. Piepsi lebt seitdem bei meiner Mama in der Wohnung und am Balkon. Er oder sie kann in der ganzen Wohnung herumhüpfen, hat sich aber eigentlich nur einen kleinen Bereich im Wohnzimmer ausgesucht, den er fast nie verlässt. Die ersten zwei Jahre hat er sich von jedem streicheln lassen und war extrem zahm. Jetzt sucht er sich die Menschen aus, die ihn berühren dürfen. Meine Mama leibt ihn über alles und umgekehrt. Er sitzt stundenlang auf ihrem Bein und sie streichelt und krault ihn wie eine Katze. Er genießt das so richtig. Wenn sie da ist, ist er glücklich. Meine Mama ist schon total fertig, weil sie eigentlich nirgends mehr für längere Zeit hin kann. Sie ist fast nie länger als zwei Stunden von Piepsi weg. Aber auch für Piepsi ist das kein richtiges Leben. Wisst ihr vielleicht jemanden, der auch eine einsame, zahme Nebelkrähe hat oder mir irgendwie weiterhelfen kann? Es ist bei Krähen leider nicht so leicht. Sie suchen sich ihre Partner sehr genau aus und brauchen sehr lange, um einen anderen Vogel in ihrem Revier zu akzeptieren. Wir möchten aber für Piepsi nur das Beste und ein zumindest etwas artgerechteres Leben. Wenn man ihn jetzt in eine Voliere sperren würde, würde er vor Einsamkeit sterben. Ich weiss nicht mehr, was wir tun sollen.

Liebe Grüße
Andrea
 
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AW: einsame zahme Nebelkrähe

Hallo Andrea, :)

ich fürchte, da kannst Du gar nichts machen, der Piepsi hat sich "gebunden".

Das ist immer das Problem bei Rabenvögeln, wenn man sie 'unbedarft liebevoll' aufnimmt. Deshalb werden sie in Tierschutzorganisationen zwar bei Verletzungen gepflegt, aber doch in ihren Käfigen allein - oder unter Artgenossen - gelassen. Es darf keinen direkten, engen, regelmäßigen Kontakt zu einem Menschen geben, denn sie gehen eine extrem enge Bindung zum pflegenden Menschen ein, von dem sie sich eigentlich - ihrem Gefühl, ihrer Seele nach - zeitlebens nicht mehr lösen können.

Ein ähnliches Problem hatte eine weitläufige Freundin, Heidi, von mir, die eine junge, elternlose Rabenkrähe - Kralle - hochgepäppelt hat. Dabei durfte Kralle nicht mal in ihre Wohnung, wurde nur auf dem Fensterbrett oder draussen im Garten, beim Grillen, gefüttert. Trotzdem band sich Kralle so intensiv, dass er von nun an Menschen als seine Rasse betrachtete. Beim Grillen spazierte er allen sitzenden Leuten über die Schultern, hüpfte über den Esstisch, war völlig glücklich, denn ENDLICH waren seine Menschen hinaus gekommen!

Nur blöd ist: so eine Krähe kriegt man ja nicht stubenrein! Kralle kackte also auch überall hin, wo ihn das Bedürfnis überfiel. Auf die Schultern, auf den Esstisch...

Als nächstes flog er Wohnungen an, bei denen Fenster offen waren. Da ging er dann "aufräumen". Kugelschreiber, Teelöffel, sonstiger Kleinkram, Kralle packte alles und trug es irgendwo auf den nächsten Baum. Amüsierte sich köstlich über die Aufregung der Menschen. :)
Das liebste war ihm ein Kiosk, einen Kilometer entfernt. Da flog er durch die Tür ein und ging "abservieren".
Alles was es an halbwegs losen Packungen gab, wie Kaffeepackungen, Filterpackungen, Teepackungen, Instand-Kartoffelbrei, Instand-Knödel - jegliches flog aus den Regalen. Der Zeitschriftenständer? Super! Er war zum Zerrupfen da!

Heidi sorgte sich natürlich SEHR um Kralle, nachdem er nicht mehr regelmäßig tagsüber auf ihrem Fensterbrett saß. Bald drang aber schon die Nachricht von dem befallenen Kiosk zu ihren Ohren. Sie fuhr hin und identifizierte still und heimlich (aus Angst vor großen Schadenssummen) IHRE Rabenkrähe, sagte nun dem Tierschutz Bescheid.
Kralle lebt jetzt in einem Tierheim in einer Voliere, und ich glaube, das ist für alle Betroffenen auch am besten so. Ob Kralle nun dort glücklich ist? - Ich weiß es nicht.

Ich würde folgendes raten:
Entweder Ihr macht es wie Heidi, wendet Euch an eine gute Tierschutzorganisation, die solche Vögel aufnimmt, und guckt dann am besten gar nicht mehr hin, wie es ihm weiter geht.....
oder ihr haltet ihn und die Mutter nimmt ihn zu ihren größeren Gängen mit.
Dann bekommt er einen kleinen Käfig, an den er sich sicher bald gewöhnen wird, und die Mutter schleppt ihn halt mit. Dann hat sie halt nicht nur eine Handtasche, sondern auch einen kleinen Vogelkäfig rumzutragen.

Das geht alles. Ich kannte eine Frau, die nahm ihr Schaf immer zum Einkaufen mit. Das Schaf war mit den Hunden aufgewachsen, irgendwie dachte es sich vermutlich, es sei auch eine Art Hund. Also gab es auch hier auch so eine falsche Verknüpfung im Denken eines Tieres. Das Schaf sprang zum Einkaufen immer mit den Hunden in den Kombi. Was sollte die Frau machen? Wenn sie auf den Markt einkaufen ging, hatte sie halt zwei Hunde und ein Schaf an der Leine.

Auch in einem kleinen, transportablen Vogelkäfig wird Piepsi anfangs zuerst schon noch gewaltig meckern! Er möchte ja im Wohnzimmer, in seinem vertrauten Umfeld sitzen und DORT gekrault werden! Die Mutter hat gefälligst daheim zu bleiben!

Und die Mutter soll ihn bloß nicht in fremder Umgebung herauslassen, sonst verfliegt er sich!

Umerziehen könnt Ihr Piepsi nicht mehr. Lies dazu Konrad Lorenz. Googel danach! Die Krähenvögel werden früh geprägt.

Ich hoffe, ich konnte Dir ein bisschen weiterhelfen.

Alles Liebe,
Geli :blume2:
 
AW: einsame zahme Nebelkrähe

Hallo Geli,

vielen Dank für deine Antwort. :danke:
Ich habe ja schon befürchtet, dass es keine andere Lösung gibt. Piepsi und meine Mutter tun mir nur so unendlich leid. Irgendwie ist er nur glücklich, wenn sie sich total ihm widmet. Er war auch als junger Vogel viel offener anderen Menschen gegnüber. Jetzt läßt er sich nur noch von meiner Mutter streicheln und ist jedem anderen gegenüber recht aggressiv. Piepsi kann ja nicht fliegen und wird es auch nie können. Deshalb haben wir die Probleme mit den Nachbarn Gott sei Dank nicht. Sonst hätten wir ihn ja ausgewildert.
Wenn wir einen Garten hätten, wäre alles nicht so ein Problem, aber in einer Wohnung kackt er wirklich alles voll. Meine Mutter ist eigentlich den ganzen Tag am Kacke putzen.
Wir werden im Frühjahr einen Versuch starten ihn mit einer anderen Krähe zusammen in eine Voliere zu gewöhnen. Dazu müssen wir ncoh einen Gnadenhof oder ähnliches finden, der bei diesem Versuch mitmacht. Vielleicht geht es, wenn wir über Wochen ganz langsam versuchen, Piepsi an einen anderen Vogel und an ein anderes Leben zu gewöhnen. Aber nach deiner Info könne wir das wahrscheinlich vergessen. Nach so langer Zeit ist er schon extrem fehlgeprägt.
Es ist nur kein Vogelleben so ohne Artgenossen. Und meine Mutter hetzt nur von einem Termin zum anderen, um so schnell wie möglich bei Piepsi zu sein. Wenn sie nicht da ist, sitzt er nur auf seiner Stange und ist deprimiert. Mitnehmen ist so eine Sache. Piespi ist extrem reviergebunden, er verläßt eigentlich nur bei großer Angst sein Wohnzimmer. Das mit dem Käfig wäre eine gute Idee, aber ich weiß nicht, ob er sich nicht zu sehr fürchtet. Auf dem Weg zum Tierarzt zittert er die ganze Zeit in seinem Käfig und regt sich sehr auf.
Wenn wir das alles vorher gewußt hätten. Nachher ist man ja immer schlauer :(:(
Danke nochmal für deine Hilfe.
Liebe Grüße
Andrea
 
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Hallo Andrea, :)

die Idee mit dem Gnadenhof finde ich gut - wenn es denn auch Dein Mutter mitmacht.
Ich glaube aber, ich würde Piepsi dort nicht einer anderen, "fliegen könnenden" Krähe zugesellen. Dagegen fällt er mit seiner Behinderung ja unwahrscheinlich ab, er hat dann überhaupt keine Möglichkeit sich recht zu wehren oder zu entkommen, sollte die ihn hacken wollen.
Nee, würd ich nicht machen. Ich fürchte fast, der braucht eine niedrige Einzelvoliere mit Wohnzimmercharakter. Und selbst dann wird ihm die Trennung von Mutter und seiner gewohnten Umgebung unwahrscheinlich schwerfallen, denn er ist ja der Meinung, er ist sozusagen Mutters Partner oder ihr Kind.

Eine andere Krähe ist für ihn kein adäquater Umgang; er kennt die Art nicht mehr, kennt ihre Regeln nicht, kann sich nicht wehren, wenn er von oben angegriffen wird.
Vielleicht kann man ihn mit einem anderen, sanften Vogel vergesellschaften, der auch nicht fliegen kann. Vielleicht auch mit mehreren, irgendeine harmlose Zierhühnerrasse, die immer am Boden bleibt und pickt.
Das muss Dir dann Dein Gnadenhof sagen, und ich drücke feste die Daumen, dass Du einen guten findest!
Sonst wende Dich auch an NABU, so Du in Deutschland wohnst, die haben sicherlich auch Erfahrungen mit sowas. Sonst an eine ähnliche Organisation in Österreich.

Mitnehmen im Käfig geht nicht, nach Deiner Beschreibung. Da ist die Angst zu groß.
Das mit dem alles Vollscheissen der Zimmer wurde mir auch berichtet, nicht von Heidi, sondern von meiner Freundin Anett, die damals zu Heidi ins Haus zog, und über die ich Heidi erst kennenlernte. Die Anett hat jedenfalls den Kralle durch das offene Fenster in ihre Wohnung gelassen, okay.... von ihr kenne ich das Malheur mit dem ständig hinterherputzen.;)

Guck mal, hier gibt es Adressen: http://www.wildvogelhilfe.org/aufzucht/auffangstationen.html

Lieben Gruß,
Geli
 
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