Parasiten manipulieren ihren Wirt

Angelika-Marie

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Hallo liebe Leute, :)

ich will mich heute einmal ganz vorsichtig an ein neues Thema herantrauen. Auslöser für diesen Gedanken war Svalas Thread mit den Bakterien auf der Hundezunge. Sie sitzen da drauf, und gleichzeitig wurde das Lecken der Hundezunge im Altertum als Mittel gegen eiternde Wunden beim Menschen angewandt. Hundespeichel besitzt eine Art natürliches Antibiotikum. Sei es, dass die Substanz, der Speichel, sie selbst bildet, oder dass sich "gute" Viren nachweisen lassen, die dicke Eiterbakterien schädigen und in die Knie zwingen können. ( Bevor so eine Leckaktion stattfindet, sollte das Hundemaul aber anständig sauber sein, gell? Keine Reste von Hundefutter oder Kaninchenkürteln mehr darin, ja? Bin sicher, die "Alten" in ihren Krankenhäusern haben das auch so gemacht... ;-))

Jedenfalls, damit sind wir bei den Viren - und damit betreten wir ein ungeheuer interessantes Feld.
Und jetzt will ich ganz vorsichtig sein, denn ich dachte, ich hätte genügend Material zu dem Thema, was mich schon seit einigen Jahren beschäftigt, gespeichert. Hab aber dreimal den Computer gewechselt und vieles ist mir verlorengegangen. Jetzt muss ich all das, was ich weiß, aus mir selber schöpfen.

Der Begriff "Parasit" kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie
"Mitesser". Sollte es wirklich möglich sein, dass diese "Mitesser" nicht nur
von ihrem Wirt ernährt werden, sondern ihn bewusst kontrollieren?

Thema 1: Erkältung
Sie erwischt uns, wenn wir kalt werden. MAN denkt, es liegt am Kaltwerden, in Wirklichkeit haben winzige Viren die Schranke unserer gesunden Zellen überwunden und konnten sich - für eine Zeit - in einigen Zellen unseres Körpers einnisten. Der überwiegende Teil der Viren sind keine Lebewesen an sich. Sagt jedenfalls die heutige Wissenschaft. Die Viren können nur überleben und sich vermehren, wenn sie eine Zelle finden, in die sie eindringen können, und die ihnen ein Wirt ist.
Bei Erkältung werden die Nasen- und Rachenschleimhäute von ihnen befallen, die Viecherl wandern in den Hals hinab, wir bekommen dicke Mandeln, haben Schluckbeschwerden.
Wir fangen also an zu niesen, und dann zu husten, um freier zu atmen. Wir empfinden das als ENTLastung.

Beglückt sieht das der Virus. Ziel erreicht! Der sitzt in unsrer Luftröhre und reibt sich die (nicht vorhandenen) Hände. Der hat ja inzwischen in unserem Rachen eine ganze Kinderstube kleiner Babyviren hochgezüchtet! Und die müssen jetzt raus, einen neuen Wirt finden! Nur dadurch kann sich Familie Virus verbreiten! Er schickt also alle Viren-Kamikaze-Großmütter ausgestattet mit zigtausend Babyvirleins unter dem Arm in unsere Nase, und lässt sie da ordentlich kitzeln: "Hatschi!"
Und wupps! Zigtausend Babyviren fliegen ihrem neuen Wirt entgegen!

Das Niesen, es ist nicht eine Angelegenheit, um uns zu erleichtern. Das glauben wir nur. Unser Niesen hat der Virus in unserer Nase ausgelöst, damit WIR seine Fortpflanzung sichern!

Wir sind damit Opfer eines winzigkleinen Parasiten geworden. Er hat uns ausgetrickst.
Und das ist das Verblüffenste bei den Viren, bei Einzellern und manchen Bakterien: Sie können das Verhalten des Wirtes zu ihrem eigenen Vorteil manipulieren und missbrauchen.

Morgen mehr!

Geli
 
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Danke Geli, das du dir die Mühe machst!

Ich finde genau diese Themen ja mehr wie interessant.
Und man glaubt ja gar nicht, für wieviele Dinge wir nur Wirt sind und die kleinen Biester sich vor lachen fast in die Ecke hauen ;)
 
auch ich möchte mich bei dir bedanken liebe geli........du machst dir wirklich viel mühe, aber das thema ist sehr interessant und ich bin schon
auf den nächsten teil neugierig
 
Hallo liebe Leute, :)

ein paar Tage funktionierte mein Internet nicht, gestern war alles wieder repariert, und dann so gründlich, dass ich nach dem gestrigen langen Beitrag hier nicht auf "absenden" clicken konnte, er hüpfte mir genau einen Augenblick vorher davon, irgendwo in die Weiten des Netzes. :-((( Okay, dann heute auf ein Neues!

Liebe Svala, mach es Deinem Virus ordentlich heiß, ab 60 Grad gehen sie alle ein! Ja, ja, ich weiß, Du auch... Aber ein heißes Bad und heißer Tee mit oder ohne Rum, könnten ja schon mal kleinteilig für etwas Besserung sorgen? - Gute Genesung! ;)

Parasiten, Teil zwei

Es ist inzwischen bekannt, dass Millionen Bakterien und Mikroorgnismen mit in und auf dem menschlichen Körper leben. Sie sitzen auf unserer Haut, im Mund, im Nasen- und Rachenraum, im Genitalbreich, vor allem im Darm. Die meisten von ihnen sind Freunde! Würden alle Menschen mit ihnen per Facebook kommunizieren, wäre der Server wegen Überbeanspruchung augenblicklich lahmgelegt. Diese Millionen, besser: Billionen von Freunden, die jeder hat, regeln unsere Verdauung, schützen unsere Immunabwehr insgesamt, besonders aber an den empfindlichsten Stellen ( Mund, Rachen, Scheide), und helfen durch ihr Dasein mit, dass kleine Kinder gesund und kräftig (auf)wachsen können.

Je mehr man von ihnen eliminiert und ausschließt, um so größer wird die Anfälligkeit für Allergien. Es folgen Infektionskrankheiten, Hauterkrankungen, Pilzerkrankungen. Wir tun also gut daran, die kampferprobte Mikrofauna unseres Körpers aufrecht zu erhalten, obwohl auch diese kleinen Wesen "Mitesser" sind. Sie können nur durch uns leben, schützen uns aber gleichzeitig. Ihr "Mitessen" nehmen wir gar nicht wahr, weil das, was sie uns im Gegenzug liefern, unsere Lebensgrundlage ist.
Wir sorgen dafür, dass sie sich in uns vermehren können, dafür schützen sie uns. Eine perfekte Symbiose also.

Doch nicht alle Winzlinge sind gut. Manche haben sich im Zuge der Evolution ein Leben als parasitärende Schmarotzer angewöhnt. So können nicht nur Viren als Parasiten auftreten, sondern auch Bakterien, Insekten und Würmer.

Hier eine spontane Aufzählung, ohne jede Gewähr auf Vollständigkeit: Hunde- , Menschen- und Katzenfloh, Rinderbandwurm, Schweinespulwurm, Bettwanze, Zecke, Kopflaus, Leberegel, Kratzer, Medinawurm, Madenwurm, Fischbandwurm, Trichine, Paerchenegel, Hakenwurm, Plasmodien, Amoeben, Saitenwurm, Zwergfadenwurm, Kopflaus, Fuschsbandwurm, australischer Wurzelkrebs,
Toxoplasma gondii...

Parasiten sind in der Regel kleine Lebewesen. Als Einzelne wirken sie ungefährlich, winzig und schwach. Was ist denn schon EIN gefangener Floh gegenüber einer Menschenhand? - Nichts!
Um überleben zu können, mussten sie also Strategien entwickeln. Und das haben sie getan. Sie treten, wie unsere Körperfreunde, in Massen auf. Ihre Vermehrungsrate ist ausgesprochen hoch.
Wer einen Floh killt, muss damit rechnen, dass 50 in den Ecken sitzen und jeder zweite bereits wieder 100 Eier gelegt hat.
Sofern ein Hakenwurm in südlichen Breiten einen Menschen erwischt, scheidet er, erwachsen geworden, täglich bis zu 20.000 Eier aus. Die Laven liegen dann auf dem warmen Dschungelboden und warten nur auf einen barfüßigen Knaben, um sich nahezu unbemerkt in dessen Fußhaut einzubohren. Vielleicht finden nur eine oder drei Larven so einen Fuß, aber gut, das Ziel der Aufrechterhaltung der Art wurde erreicht!
Also, Strategie eins: "Die Masse machts!"
Das greift bei parasitären Insekten, Viren, Bakterien und Würmern.

Strategie zwei ist: "Ich täusche dich!"
Das greift bei Viren und Würmern. Von Bakterien weiß ich in diesem Zusammenhang nichts, was aber vielleicht nur meiner Unwissenheit zu verdanken ist, auch von Insekten könnte ich in diesem Zusammenhang, auf den Menschen bezogen, nichts sagen.
Viren und Würmer hingegen legen da astreine Strategien hin. Um zu überleben, haben sie das Problem, dass sie öfter den Wirt wechseln müssen. Die Larven des Fuchsbandwurms können zum Beispiel nicht in diesem großwerden, das würde den Fuchs ja töten. Er legt seinen verunreinigten Kot dort ab, wo Mäuse und andere Nager ihn fressen.
Die Larven des Fuchsbandwurmes entwickeln sich in der Muskulatur der Maus, diese wird dann wieder von einem Fuchs gefressen, die kleinen Fuchsbandwurmlarven sind jetzt wieder im Magen des Endwirtes angekommen, wandern schnurstracks in den Darm, und entwickeln sich dort zu ausgewachsenen Würmern.

Und jetzt kommt etwas ganz Irres: Die Viren und Würmer, die einen Wirtswechsel anstreben müssen, wissen zwischen Endwirten und Zwischenwirten genau zu unterscheiden. Der Endwirt, in dem der adulte Parasit leben und sich vermehren will, wird in der Regel sehr geschont. So wird der Fuchs halt nicht von Larven und Finnen in der Muskulatur oder der Lunge befallen. Die mitessenden Bandwürmer sitzen bei ihm rein im Darm. Und damit kann er alt werden!

Auch der "Rinderbandwurm", der beim Menschen parasistiert (jener altbekannte lange Bandwurm mit den weißen Gliedern, die immer wieder ausgeschieden werden) will den Menschen nicht umbringen. Er ist nur ein "Mitesser". Wenn "sein" Mensch stürbe, stürbe er ja auch! Nur kleine Kinder werden von ihm blass, blutarm und unterernährt. Zur Gänze umbringen will er sie aber nicht!

Ganz anders sieht es mit den Zwischenwirten aus. Sie sind lediglich dazu da, dass die Larven oder Finnen, oder Vorstadien eines Virus, an den endgültigen Wirt übergeben werden. Diese Zwischenwirte sollen sterben, damit der Parasit überleben kann.
Und dazu trixt er sie aus.

Morgen mehr.

Für heute einen lieben Gruß,
Geli
 
Hallo alle Lieben, :)

jetzt will ich mal das vorletzte Kapitelchen dieses unappetittlichen Themas schreiben.

Parasiten Teil 3:

Wiederholung: Parasiten sitzen überall in und auf Mensch und Tier. Ihr alleiniges Ziel ist zu fressen, zu leben und sich fortzupflanzen. Futter finden sie in und auf uns ja genug! Ein Wurm im Darm lebt wahrlich wie im Schlaraffenland, er muss nur sein Maul öffnen, und die gebratenen Tauben flutschen regelrecht hinein.
Schwieriger wird es bei vielen mit der Fortpflanzung, oft sind sie auf Wirtswechsel angewiesen. Allein simple Schnupfenviren können bei uns nicht bleiben. Obwohl sie keinen direkten Wirtswechsel vollziehen, müssen sie dafür sorgen, dass ihre Nachkommen auf anderen Menschen landen, um sich weiterhin erfolgreich vermehren zu können. Dieses Kunststück vollbringen sie, indem sie uns zum Niesen reizen. In einer vollbesetzten Straßenbahn ist das - im Sinne ihrer Nachkommenschaft - sehr effektiv.

Bei Wirtswechsel wenden Parasiten verschiedene Techniken an, um das Verhalten ihrer Zwischenwirte (die getötet werden sollen), hin zum Endwirt (der möglichst lange leben soll), zu manipulieren. Wissenschaftlich gesehen ist es so, dass sich viele von ihnen sich nicht nur als Finnen oder Larven in unseren (und den Tier-)Körpern einnisten, wo sie in der Muskulatur, in Lunge und Leber schon genug Schaden anrichten, sondern in kleinen Einheiten ins Gehirn wandern. - Und das verändern sie dann.

Regelrecht berühmt geworden ist der kleine Leberegel, ein Saugwurm (Dicrocoelium dendriticum), nachdem man das Verhalten seiner Wirte erforscht hatte. Das unangenehme Tierchen schmarotzt in Weidetieren als Endwirt, also: Kuh, Schaf, Pferd, aber auch in Karnickel und Reh. Dort sitzt er in Leber und Gallengängen, lässt sie aber relativ lange leben. Seine höchst lebendigen Eier landen mit ihrem Kot auf der Wiese. Da der Egel, nach dem Dasein als Wurm und Ei, ein Larvenstadium mitmacht, braucht er nun einen Zwischenwirt, über den er wieder den Endwirt erreichen will: Kühe, Schafe, Pferde, etc.
So. Nun liegen die Eier im Kot, sicher kein Leckerbissen für irgendwen, den Schafe und Rinder gerne fressen würden. Überhaupt fressen die ja nur Gras undKräuter. Was also tun? An Stelle des kleines Leberegels?
Die Eier wirken auf Schnecken anziehend. Die futtern sie, können sie aber nicht verdauen. Im Schneckenmagen werden die winzige Larven in den Eiern munter und krabbeln in den Bronchialapperat der Schnecken. Dort lösen sie Husten aus. Um die Viecher leichter auszuspeien, packt der Schneckenkörper Bronchialschleim darum. (Wen erinnert das nicht an unsere Schnupfenviren von oben?) Also, die hustende Schnecke spuckt nun winzige Schleimbröckchen in die Umgebung, in denen die Larven der Erreger stecken. Diese Schneckenschleimbröckchen erscheinen Ameisen höchst lecker. Sie fressen sie genüßlich auf, ohne von deren Inhalt zu ahnen.

In der Ameise finden die Larven des Kleinen Leberegels ihren nächsten Zwischenwirt. Auch die Ameise kann sie nicht verdauen, kann sie aber auch nicht loswerden. Die meisten Egellarven versammeln sich ungeschoren im Bauch des Krabbeltiers und warten einfach ab, während aber einer von ihnen, der sogenannte 'Gehirnwurm', in jene Bereiche vordringt, die das Nervensystem und "Denken" der Ameise beeinflussen. Vergangen ist ihre Zugehörigkeit zum Ameisenstaat, nichts weiß sie mehr von ihren mutigen Taten als Kriegerin und Futterbeschafferin für ihr Volk! Ihr kommunales Leben mit Ameisenstraßen und Ritualen ist ihr vollkommen wurscht geworden!
Die kleine Ameise fühlt sich nun bemüßigt, dringend auf Grashalme zu klettern, und sich solange oben festzuklamern, bis sie endlich von einem Schaf oder Rindviech mitsamt Grashalm gefressen wird.
Der Kleine Leberegel hat - durch Manipulation und Tod des Zwischenwirtes - seinen Endwirt wieder erreicht.

Wirtswechsel bei kleinen Saitenwurm (Paragordius tricuspidatus):
Dieser Wurm lebt glücklich im Wasser. Er legt Eier, aus denen entwickeln sich Larven, die sinken auf den Grund des Teiches. Sie müssen aber an Land, um sich weiter entwickeln zu können. Das ist schwierig, denn die Larven können nicht schwimmen. Also infizieren sie zum Beispiel Mückenlarven, von denen sie zunächst gefressen werden müssen. Denen tun sie aber nichts. Sie sitzen abgekapselt in deren Bauchhöhlen und warten ab.
Wenn die Mücken geschlüpft sind und fliegen können, wechseln die Wurmlarven mit ihnen aufs Trockene. Noch ist ihr Ziel aber nicht erreicht. Die Mücke muss erst von einer Grille oder einem Grashüpfer gefressen werden, erst in deren Leib können sie sich wieder zum Wurm entwicklen.
Als Wurm nagen sie von innen an der Grille, die ein gewaltiges Durstgefühl bekommt, was sie, die überhaupt nicht schwimmen kann, veranlasst, in den nächsten Teich oder Swimmingpool zu hüpfen.
Damit ist der Saitenwurm wieder in seinem Element angekommen.
So begehen jährlich viele Tausende von Grillen Selbstmord, die von Saitenwürmern befallen sind.

Vogelsaugwürmer beeinflussen Fische als Zwischenwirte so, dass sie langsamer werden, an der Wasseroberfläche schwimmen und so leicht Opfer von Wasservögeln werden. Im Darm der Vögel kann sich der Wurm gut entwickeln, seine Eier fallen mit ihrem Kot ins Wasser, werden dort von winzigen Kerbtierchen, Schnecken oder Krebschen aufgenommen, die wiederum werden von Fischen gefressen. Die Larven im Fischkörper machen, dass er langsamer schwimmt und sich als Futter regelrecht von selbst anbietet.

Es gibt noch viele Beispiele - und der Mensch ist vom Treiben der Parasiten, die ins Unterbewusste zielen, nicht ausgenommen.

Morgen oder übermorgen mehr.

Lieben Gruß,
Geli

Was zum Lesen: http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2012-02/unterschaetztes-tier-leberegel
 
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Schönen guten Tag!

Ja, das kann schon eine echte "Qual" sein, wenn man sich genauer damit beschäftigen muss, wie man dieses Ungeziefer wieder loswird.

Lg
 
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