AW: Igel
Hi Wuschi, hi Lenchen,
ich liiiiiiebe Igel - wenn sie nicht soviele Flöhe hätten. Nachdem Bonnie an ihrem "ersten" geschnuppert hatten, hatten wir eine massive Flohinvasion.
Bei uns wohnten Igel bis vor kurzem auch noch im Garten und man konnte sie abends gut beobachten - aber ich vermute, die inzwischen zwei Hunde hier im Haus haben sie vertrieben. Und ich bin auch nicht wirklich unglücklich darüber....
Jetzt will ich zu Euer Erheiterung aber noch ganz schnell zwei Geschichten erzählen, eine davon als Trost zum angezündeten Igel:
Als meine Söhne etwa 7 und 8 waren, (und in dem Alter noch in großer Clique spielten - also ALLE Nachbarskinder waren da zugegen, wurscht welchen Geschlechtes und Alters) hatten sie im Spätherbst einmal einen sterbenden, jungen Igel gefunden. Ich hätte ihn überwintert, dachte auch darüber nach, noch zum Tierarzt zu fahren, aber er war schon völlig apathisch, atmete kaum noch. So war mir im Grunde klar, dass er die nächsten Stunden nicht überleben würde. Na, die Kinder hatten trotzdem Hoffnung und setzten sich mit ihm auf unsere Wiese, an einen geschützten Ort. 12 leise Kinder zwischen 4 und 10 Jahren versuchten ihn mit Leckerbissen zu füttern, er nahm sie nicht mehr an. So bautem sie dem Winzling aus Reisig ein Nest , bargen ihn darunter, saßen lange still im Kreis um ihn herum, sich in ihrer Sprache beratend, dass es vielleicht doch nicht der Tod, sondern - bitte, bitte,- nur der Winterschlaf sei?
Am nächsten Morgen sah ich nach: Er war gestorben.
Nachmittags war er fort, auch von den Kindern war nichts zu sehen.
Aber jemand war in meiner Werkstatt gewesen!
Spätnachmittags tauchen zwölf Blagen zwischen 4 und 10 Jahren wieder auf, und ich fragte natürlich nach, was mit dem Igel geschehen sei.
"Oh, den haben wir begraben," war die Antwort. "Wo denn?" wollte ich wissen. "Natürlich auf dem Friedhof!" " Na, dass zeigt ihr mir aber!" sagte ich, Schwierigkeiten befürchtend.
Also zog ich, angeführt von einer Kinderprozession mit ihnen zum katholischen Friedhof, die Patschhändchen der Kleinsten zwischen meinen, die laut über das Versterben des Igels jammerten.
Zwischendurch erfuhr ich auch die Einzelheiten: Die Kleineren waren zu Nachbarseltern geschickt worden und hatten sich dort unbemerkt einen Spaten "ausgeliehen".
Die Größeren waren in meiner Werkstatt gewesen, dort hatten sie zwei passende Holzleisten und Leim gemopst. Die hatten sie zum Kreuz verklebt und die Leimstelle mit verknoteten Bindfäden gesichert.
Und da stand das Machwerk auch schon, mitten auf dem Rasen vor der Kapelle, wo sie das arme Tier sachkundig bestattet hatten.
Auf die Querleiste hatte ein des Schreibens Kundiger in ungelenken Buchstaben mit rotem Filzstift "toter igel" geschrieben, ein anderes Kind hatte vom Abfallhaufen des Friedhofs eine Efeugirlande aus Plastik eruiert, die sie fein um das Kreuz herumgewickelt hatten. Und da gerade Allerheiligen gewesen war, und auf vielen Gräbern soviele rote Kerzen herumstanden, hatten sie sich von dem Überschuß je ein Teil genommen. Nach dem Motto: Wenn ein Grab 2 Lichter hat, reicht's doch auch, es braucht doch keine vier, oder?
So war "toter igel" das bestbeleuchteste Grab weit und breit.
Ich habe dann angemerkt, dass Igel nicht auf den katholischen Friedhof gehören, - "Ihr hättet ihn besser im Garten beerdigt!" - habe aber von einer Exhumierung des Verschiedenen abgesehen.
Ich habe dabei gedacht: Auch katholische Menschen und Priester haben Humor und werden das in dem Grab erkennen was es ist: Der Versuch von kleinen Kindern, einen kleinen Igel angemessen zu bestatten.
*****
Spuk um 11.
Es ist Nacht, dunkel, ohne Mond, Nieselregen. Ich bin zum letzten Hundgang draussen, unterwegs zum Wald.
Hier bei uns gibt es keine gelben Tonnen, nur gelbe Säcke. Und die stehen überall auf unserem Weg, prall gefüllt, auf und neben den Bürgersteigen. Sie stehen. Nein - einer ist umgefallen, liegt quer im Weg. Ich hebe ihn auf und stelle ihn beiseite.
Auf dem Rückweg liegt der Sack wieder mitten auf dem Bürgersteig!
Wieder will ich ihn aufheben, schrecke aber zurück. Im Sack bewegt sich was! Ich rufe meinen Hund zur Ordnung und lege ihn ab.
Was kann sich nur in diesem Sack bewegen? In der Stille gibt er sogar Töne von sich. Ist das ein Fiepen? Weiß nicht. Es ist in jedem Fall ein Rascheln...
Ich stehe völlig starr. Lausche. Ein Baby? Haben Leute ein Baby.... nein, das würde jammern. Und wenn es nun nicht mehr jammern könnte? - Dann würde es auch nicht mehr kratzen.
Was kann sonst noch in einem gelben Sack stecken und Geräusche machen? - Ein Katzenjunges? Ne, auch das würde piepsen. Eine Ratte! Sicherlich, bestimmt ist es eine Ratte! - Nur weg von hier!
Ich gehe drei Schritte, schaue zurück, hinter mir hupfelt der gelbe Sack schwerfällig über den Rinnstein.
Ich denke: Was immer da drin steckt, es ist gefangen! - Ich will, selbst wenn es eine Ratte ist, sie zumindest herauslassen!
Also kehre ich um. Fasse mit Angstschauern diesen Sack vorsichtig an dem der Bewegung entgegengesetzten Ende. Dieses Ende reisse ich auf und springe dabei auf ein Gartenmäurerchen. Nicht, dass mich die befreite Ratte auch noch beisst!
Tausendundeinerlei Plastikmüll verbreitet sich auf den Bordstein. Ich stehe, Hund neben mir, auf dem Mäuerchen und warte. Keine starke, schnelle Bewegung - nur dieses leise Raschel, Kratzen, Schnaufen...
Schließlich bin ich innerlich soweit gefasst, dass ich mit einem Ast, den ich mir vom Mäuerchen aus am nächsten Baum abbreche, den Müllhaufem etwas auseinanderschiebe. NIX!
Obwohl - in einer großen, leeren Kakaodose aus Plastik scheint Leben zu stecken. Und wenn ich bei Nieselregen und schlechtem Licht genau hinschaue, hat sie hinten sogar Beine! Und mit diesen Beinen schiebt sie sich nach vorne, aus dem Müllhaufen fort!
Na, und dann war ich voller Mitleid - Der arme, dicke und völlig ausgewachsene Igel hatte sich völlig in dieser Kakaoplastikverpackung gefangen und wäre sie von selber nie mehr losgeworden!
Ich habe die seitlichen Ränder etwas zusammengedrückt, so dass sich die Mitte weitete, und ich ihn vorsichtig herausschütteln konnte.
Ich hatte eigentlich gedacht, er würde erst einen Augenblick still sitzen bleiben, aber er erholte sich binnen Sekunden und gab dann mit ungeheurem Tempo Fersengeld.
Ich frage mich nur eines : Wie kam der Igel in den gelben Sack? Wie konnten die Menschen nicht bemerken, dass ein Igel darin steckt? Hatte der Sack im Garten gestanden, so dass der Igel hineinkam? Hatte er geschlafen, als die Menschen den Sack zuschnürten?
Keine Ahnung.
Ich freue mich aber, ihn gerettet zu haben.
Liebe Grüße,
Geli:blume2: