Tieraufbewahrungsanstalt in Italien

Sinaa

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Kelkheim
Quelle:Hundepfoten in Not

Eine Reise zu den Tierheimen in Italien

Wir sind in Italien um unsere Mailänder Freunde und Tierschützer zu besuchen.

Natürlich wollen wir uns einmal ein Bild von den Verhältnissen vor Ort machen, uns so schlägt C. uns vor, doch einmal ein paar Tierheime zu besuchen.

Vorab muss ich eines erklären:

Es gibt verschieden „Formen“ von Tierheimen.

Da sind zum ersten die „öffentlichen“ Tierheime. Diese haben einen privaten Besitzer. Die Besitzer haben Verträge mit den jeweiligen Gemeinden. Sie müssen die Hunde, die abgegeben werden oder von der Strasse aufgelesen werden, aufnehmen. Für jeden Hund, den sie bei sich „beherbergen“, erhalten sie von der Gemeinde einen Betrag X. Zwar sind die Besitzer verpflichtet, die Tiere auch bei Bedarf tierärztlich versorgen zu lassen, da dies aber von ihren Einnahmen, die sie von der Gemeinde erhalten abgeht, geschieht dies nicht in vielen Fällen.

Zum zweiten gibt es die Tierheime, die einer Tierschutzorganisation gehören. Die Tierschützer holen die Hunde aus den öffentlichen Tierheimen oder von Privaten (Besitzern, die ihre Hunde nicht mehr haben wollen, und versuchen sie dann zu vermitteln. Viele zeigen hier ein großes Engagement und den Hunden geht es in diesen Tierheimen mit Sicherheit um einiges besser. Nur leider sind die finanziellen Mittel sehr knapp, und so ist ihre Unterbringung auch hier nur eine Notlösung, die mit deutschen Tierheimen in keiner Weise zu vergleichen ist. Es fehlt oft an Strom und Wasser. Das Wasser muss also mühsam in Kanistern angeliefert werden. Eine gründliche Reinigung der Böden, die meist aus Kieselsteinen bestehen, ist somit kaum möglich. Obwohl das Beste versucht wird, ist es nicht genug. Der Geruch zeugt davon.

Zum dritten gibt es die Tierpensionen. Wie auch bei uns, nehmen deren Besitzer Hunde auf, die von ihren Besitzern zeitweise dort untergebracht werden. Die meisten Hunde jedoch sind wiederum Hunde, die von Tierschützern aus den öffentlichen Tierheimen errettet werden und in diesen Pensionen untergebracht werden oder auch von Privatleuten, die ihre Hunde dort abgeben. Viele Tierschutzorganisationen haben nicht das Geld, ein eigenes Tierheim zu betreiben, und so ist dies die einzige Möglichkeit.



Am ersten Tag besuchen wir eine Pension und ein öffentliches Tierheim.

Zuerst die Pension, in der auch C. Tierschutzorganisation Hunde eingemietet hat. Dort lernen wir nun auch verschiedene Hunde kennen, deren Vermittlung wir uns in Zusammenarbeit mit C. zur Aufgabe gemacht haben. Zwei haben bereits das große Los gezogen und werden bald nach Deutschland in eine Pflegestelle kommen. Für die anderen sechs Hunde müssen wir noch nach Möglichkeiten suchen. Wir treffen die Kampfschmuserin Charlotta, die nun schon seit zwei Jahren dort „eingemietet“ ist. Was hilft es Charlotta da, dass sie mich vor lauter Liebe schier auffrisst ? Keine Sorge – ich lebe noch. Sie wirft sich in meine Arme und es hat den Anschein, dass sie nun denkt, ihre Zeit des Wartens ist vorbei. Ja – sie ist ein „Kampfhund“, und ich kämpfe sehr mit mir sie wieder zu verlassen.

C. führt mich weiter durch die Hundepension. Die Verhältnisse dort sind auf den ersten Blick nicht zu bemängeln. Es gibt Zwinger, die zwar nicht sehr groß sind, aber sie sind überdacht und so sind die Hunde vor der heißen Sonne geschützt. Pro Zwinger sehe ich maximal. 2 Hunde. Auch hat diese Pension ein Auslaufgelände, in die K., eine Tierschützerin, die Hunde abwechselnd entlässt.

Ich denke an den Winter und schaue genauer hin. Nein – eine Heizung gibt es nirgendwo. Dafür viele kurzhaarige Hunde. Wie sie wohl den Winter, der auch in Mailand sehr kalt ist, überstehen ?

Wir gehen weiter und kommen an andere Zwingeranlagen. In einem Zwinger leben fünf Bobtails und ein alter Schäferhund. Man muss schon ein Kenner der Rasse sein, um sie als Bobtails identifizieren zu können. Halb geschoren, halb verfilzt sehen sie den Bildern die wir kennen, kaum ähnlich. Die Bobtails, so erzählt man mir, leben nun schon seit 5 Jahren seit ihrem Welpenalter hier. Sie gehören einer Tierschützerin, die die Hunde ausschließlich an Leute vermittelt, die ihr persönlich bekannt sind. 5 Geschwister bekamen diese Chance als Welpen. Die anderen fristen ihr Leben nun zusammen mit dem alten Schäferhund in diesem Zwinger.

Ihre Chance auf Vermittlung ist wegen des eingeschränkten Personenkreises gleich Null.

Wir gehen weiter. Noch ein großer, nicht überdachter Auslauf, der mit einigen Zwingern bestückt ist. In ihm leben ca. 20 Hunde verschiedenster Rassen und Mischungen. Auch sie gehören einer Tierschützerin. Die Hunde dürfen nicht vermittelt werden ! Sie müssen ihr Leben in der Tierpension verbringen. Die Kosten hierzu trägt die Tierschützerin. Auch hier – keine Heizung und im Sommer kaum ein schattiger Platz. Ich kann nicht verstehen, warum die Hunde nicht in liebevolle Hände vermittelt werden dürfen. C. kann mir nur die Argumente der Tierschützer mitteilen. Verstehen kann sie diese jedoch auch nicht. „Hier seien die Hunde unter Kontrolle“. Ob sie glücklich sind über diese Kontrolle ?

Ich denke man muss gerecht sein. Auch diese Tierschützer wollen Gutes tun. Ich denke sie wollen die Hunde davor bewahren, vermittelt zu werden – dann schlecht behandelt zu werden – eventuell wieder in einem dieser „öffentlichen“ Tierheime zu landen – oder irgendwo unter schlimmen Umständen dahinvegetieren zu müssen.

In Italien ist es nicht üblich, potentielle Besitzer von Hunden vor – und auch nachzukontrollieren. In Italien gehst du einfach in ein Tierheim, suchst dir einen Hund aus, hinterlässt deine Personalien und kannst mit dem Hund des Weges ziehen. So ist natürlich die Sorge darüber, ob der Hund nun in ein gutes Zuhause gegeben wurde, berechtigt.

Wenn nun Tierschützer Hunde aus den Tierheimen holen, sie in einer Pension unterbringen und hierfür die Kosten tragen, ist der erste Schritt getan. Nur leider gehen sie nicht den so wichtigen zweiten Schritt, die Hunde kontrolliert zu vermitteln. Zum Leidwesen der Tiere, deren Chance auf ein glückliches Zuhause somit endgültig vertan ist.

Nun fahren wir weiter um ein sogenanntes „öffentliches“ Tierheim zu besuchen.

C. sagt mir, dass es sich bei diesem Tierheim um ein für italienische Verhältnisse „gutes“ Tierheim handelt. Nun ja !!!

Eine lange Reihe von ca. 20 – 25 Zwingern, aneinander gebaut. Auf der Rückseite dasselbe. Ein schmaler Streifen dazwischen. Dieser Streifen ist überdacht. Somit gestaltet sich jede einzelne Box so: Circa 16 qm, von denen ca. 5 qm überdacht sind. In jeder einzelnen Box sind vier bis fünf Hunde. Zum Teil sehr große Hunde. Ob 5 qm für fünf Hunde genügen, um sich im Sommer vor der Sonne und im Winter vor Regen und Kälte zu schützen ? Ob 16 qm insgesamt genügen, damit 5 Hunde zusammen leben können ?

Wir gehen die Reihen entlang. Große und kleine Mischlinge. Rassehunde – Huskys – Maremmanen – Jagdhunde – Schäferhunde und viele Schäferhund-Mixe.

Alle drängen zum Gitter. „Nimm mich, nimm mich“. Sie beginnen nacheinander zu beißen, um die Konkurrenz wegzujagen. Wir gehen schnell weiter, damit sie aufhören. Viele Hunde sind verletzt, haben Bisswunden. Es wird sich keiner darum kümmern.

Jede Box beherbergt ein kleines Rudel. Wenn die Umstände glücklich sind, ist die Rangfolge geklärt und die Tiere kommen einigermaßen miteinander zurecht. In den meisten Boxen ist dies nicht der Fall.. Es ist auf Grund der Enge kaum möglich. Die Wunden der Hunde zeugen davon

Du kannst jedem Hund, der neu ins Tierheim kommt und wahllos in eine Box zu anderen Hunden gesperrt wird, nur recht viel Glück wünschen.

Ach ja – ich vergaß. C. hat uns hier in ein „Vorzeigetierheim“ geführt.

Wir erleben wie ein junger Mann eine kleine Hündin abholt. Sie ist erst sechs Monate alt. Er füllt einen Bogen mit seinen Personalien aus, klemmt sich den Hund unter den Arm und geht.

„Viel Glück meine Kleine, Ich hoffe Du wirst es gut haben“.

C. unterhält sich noch etwas mit dem Besitzer des Tierheimes. Ich möchte ein paar Fotos machen. Er möchte dies nicht. Er hat Angst die Fotos mit Angaben seines Tierheimes in der Presse zu sehen. C. erklärt ihm, dass ich nur eine Touristin sei. So darf ich EIN Foto machen.

Es ist Zeit für uns zu gehen und wir sind froh, gehen zu dürfen. Und wir möchten so gerne bleiben um für alle zu sorgen und ein gutes Zuhause für sie zu finden. Und um lange Spaziergänge mit ihnen zu machen und um ihre Wunden zu versorgen. Und um in diesen Augen wieder Hoffnung und Freude zu sehen.

Nun – es ist Zeit für uns zu gehen. Wann werden SIE gehen ? Und wohin ?

Ich bin froh, dass niemand meine Augen sehen kann – hinter meiner Sonnenbrille. :weinen3:

© Doris Frick
 
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