AW: einfach zum nachdenken...
Mir ist das Thema seit langen, langen Jahren bekannt.
Zuallererst fand ich Plastik vom ästhetischen unschön, weil es nicht altert. Dann gab es vor 25 Jahren dieses Buch: "Wohngifte" von Wulf-Dietrich Rose. Daraus erfuhr ich viel über die Plastikherstellung und das Ausgasen der im Material enthaltenen giftigen Stoffe. Hinzu kam, dass mein Babysohn auf Plastik allergisch reagierte.
Deshalb mied und meide ich Plastik immer noch so gut es geht. Meine Abneigung war vor 25 Jahren so groß, dass ich sogar den Schaumstoff aus den Kissen der Ledercouch entfernte und durch grobe Filzballen ersetzte. Die Kindersitze im Auto, die ich ja nicht "umzaubern" konnte, habe ganz mit Baumwollstoff bezogen.
Nachdem in den 80ziger Jahren eine Bewegung um die Welt ging: "Jute statt Plastik" und viele Jogurthersteller wieder auf Glasgefäße umwechselten, war ich unendlich enttäuscht, als unsere Wirtschaft das "Duale Abfallsystem" erfand, in dem Plastik herausgesammelt und wiederverwertet werden sollte.
Mir war klar: wenn ein solches System etabliert ist, gibt es für Verbraucher ja überhaupt keinen Grund mehr, auf das Zeug zu verzichten, und die Wirtschaft wird es überreichlich anbieten, weil es ja auch noch gewinnbringend entsorgt werden kann. Aus dem vorher giftigen Müll war jetzt ein Rohstoff geworden, mit dem gehandelt werden konnte.
Dann kam in Deutschland noch die Geschichte mit dem Dosenpfand - herbei gedacht, um den Aludosenmüll zu reduzieren - die setzte der Sache die Krone auf. Während vorher noch in den Getränkecentern Bier und Sprudel in mehrfach zu befüllenden Glasflaschen (Kästenweise) gekauft wurde, ist dieser - gesunde - Vertrieb durch die leichten Plasteflaschen ungeheuer zurückgegangen. Nach der Einführung des Dosenpfands, ursprünglich gedacht um die Umwelt zu schonen, wird heute nahezu ausschließlich aus Plastikpullen getrunken. Genau der umgekehrte Effekt wurde erreicht.
DENN: Da gebrauchtes Plastik - über den Weg des recycling- nun ein Handelsprodukt geworden ist, geben die großen Discounter ihre zerstampften Plastikflaschen nicht mehr in die gelben Säcke/repektive Tonnen und führen sie dem Dualen System zu ( was an sich schon, auf die Umwelt bezogen, ein Denkfehler war) , sondern sie laden sie auf Tanker und schiffen sie nach China. Wenn das Duale System daran verdienen kann, denkt sich der tüchtige Kaufmann an der Spitze des Konzerns, machen wir das lieber selber und verdienen in die eigene Tasche!
China kauft Plastikmüll zu einem Preis, der ausreicht, dazu Tanker fahren zu lassen und noch einen Gewinn zu machen!
Und was geschieht mit den hunderttausenden Petflaschen in China?
Sie werden aufgelöst und das Material anschließend in winzigfeine Fädchen versponnen. Als Fleecepullover, kuschelige Fleecedecken, treublickende Fleeceschäfchen und Teddybären werden die ehemaligen Pullen wieder nach Europa verkauft und landen unter'm Weihnachtsbaum. Zunächst. Nach Gebrauch landen die Dinger aber nicht im gelben Sack, sondern - die Umwelt schädigend - im Müll.
Alle die damit handeln haben Vorteile und verdienen: Der Erdölbesitzer verkauft sein Zeug an die chemische Industrie, die macht Plastikpellets daraus. Der mittelständische Plastikverarbeiter kauft die Pellets und macht Tüten, Verpackungen, Flaschen daraus. ( Oder auch Gartenstühle, Babynuckel, Computergehäuse, aber bleiben wir zunächst bei den ersten Produkten)
Die Flaschen und Tüten verkauft der Plastehersteller an die großen Konzerne. Die geben letztere gegen Pfand an den Verbraucher - und bekommen sie wieder. Verkaufen sie nach China, die Chinesen freuen sich, sie haben billiges Rohmaterial bekommen. Sie machen hübsche Pullover daraus und verkaufen sie wieder an Händler aus den Einfuhrländern des Plastiks. Und die gehen damit auf Messen, verkaufen sie an Einzelhändler oder Konzerne, und diese wiederum gewinnbringend an den Endverbraucher.
Also, da hat sich eine gigantische, weltumspannende Industrie um das Plastik aufgebaut, so gigantisch und gewinnbringend, dass sie vermutlich auch durch einen solchen neuen Film nicht zu kippen ist.
Und der Verbraucher kann nicht mehr anders, als Plastik zu konsumieren. Er wird damit zugeschüttet. Ich meine, die Konzerne bestimmen schließlich auch die Moden. Beispiel Laminat. Wo gibt es denn heute noch eine Wohnung, in der kein Laminat ist?
So, und was geschieht mit dem gebrauchten Laminat? Den alten Computergehäusen und den alten Gartenstühlen? Sie werden als Sondermüll bei extrem hohen Temperaturen verbrannt, dennoch mit Schaden für die Umwelt. Also: Anschaffungskosten gering, Vernichtungskosten hoch, Schaden groß. Aber: alle, die damit handelten, haben verdient. Und für die Müllverbrennungsanlagen, na, da zahlt schließlich jeder einzelne Bürger seine Steuern und seine Abgaben! Schließlich ist es "SEIN" Müll, der dort vernichtet werden muss!
Die Wirtschaft floriert und gewinnt, der einzelne Bürger wird beschissen! Er kann ja gar keine Badeentchen mehr aus Holz kaufen, weil es keine mehr gibt! Allein ein Babyfläschen aus Glas zu finden, gleicht heutzutage einem Kunststück!
Ich habe mal vor 10 Jahren begonnen ein Kinderbuch zu schreiben und zu zeichnen, was ich nicht rechtzeitig zu Ende brachte. Auslöser für dieses Buch waren meine zum Teil weiten Reisen, die mich an alle möglichen Ecken der Welt führten. Es hat schon etwas Irres, wenn man in den neunzigern in einem Städtchen an der Grenze zu Libyen hockt, in dem es keine Müllabfuhr gibt. Die Leute schmeissen ihren Müll auf die Straße und ins Gelände. Früher war es ja schließlich immer so, dass er dort verrottete.
Jetzt aber bot sich ein bizarres Bild: Überall trudelten, vom Wind getrieben, weiße, leere Wasserkanister durch die Gegend. Sie sammelten sich wie eigenartige Ostereier zu Hauf unter dornigen, blattlosen Sträuchern, wo immer es etwas Windschatten gab. Und in den Palmen und Bäumen hingen, vom Wind hochgetrieben, alte Nylonhemden mit verrenkten Gliedern wie merkwürdige Gespenster. Leere Verpackungen durchsichtigen Plastiks huschten als seltsame Lebewesen windgetrieben über den trockenen Boden, gefolgt Jogurtbechern und schwerfälligeren Zahnpastatuben. Und mittendrin hatten sich, wie seit Jahrhunderten üblich, die alten Männer das Dorfes, in Decken eingewickelt, auf der Erde am Straßenrand schlafen gelegt. Sie lagen im Müll, Müll umgab sie, er trudelte über sie hinweg und er verging nicht.
Mich hat das so verstört, dass ich die Bilder immer noch vor mir sehe.
Oder die stinkenden Müllkippen in Mexico Stadt, wo es immer irgendwo brennt und schwarz zum Himmel stinkt, wo die Ratten huschen und die Kinder der Slumbewohner und diese selbst irren darin herum, glücklich, wenn sie genügend altes Plastik gesammelt haben, um es irgendwo verkaufen zu können.
Und dann gehst Du in Dein Hotel und sitzt im feinen Garten auf weißen Plastikstühlen. Der ganze Strand um's Mittelmeer war in den 80ziger, neunziger Jahren bestückt mit weißen Plastikstühlen. Rundherum! Egal, ob Italien, Frankreich, Spanien, Marokko, Tunesien, Ägypten, naher Osten Türkei und Griechenland. Was trieb in der Nordsee vor Texel? Ein weißer Plastikstuhl.
Also schickte ich in meinem Buchentwurf eine Giraffe rund um die Welt.
Die Geschichte hieß: Rosine mit dem Schirm.
Rosine lebte mit ihrem Mann Alfons und ihren Kindern beschaulich in Afrika, bis sie eines Tages beim Blätterpflücken für ihre Familie, an einem Baum in der Savanne einen Regenschirm fand.
Mit Alfons hatte sie sowieso einen kleinen Ehekrieg, denn der liebte es zu tischlern, anstatt ihr bei der Hausarbeit (z.B. Kochen) und Kinderaufzucht zur Hand zu gehen. Alfons baute ständig Stühle und Tische, und sie hatten schon viel zu viele davon. Jedenfalls, er versucht sie zum Kochen zu verpflichten, sie will den Schirm untersuchen - hat dergleichen noch nie gesehen - da greift ein Windstoß unter das Ding und trägt sie davon.
Seine letzten gerufenen Worten sind: "Ja, aber wo ist denn das Essen, Liebste?" Ihre, schon fliegend: "Steeeeht im Kochbuuuch!"
Naja, und überall wo sie auf der Welt hinkommt, entdeckt sie halt diese weißen Plastikstühle. So verschieden die Kulturen auch sind, so verschieden die Menschen leben, trotzdem gibt es das Material Plastik. Natürlich auch im Meer vor Grönland, wo es die Fische vergiftet. So auch zum Beispiel in New York, in Form von künstlichen Weihnachtsbäumen, die sie fressen will, denn sie hat Hunger. Letztlich kommt sie sogar bis zum Mond, und auch um den trudelt als Weltraummüll ein weißer Plastikstuhl... Natürlich kommt sie wieder heim. Alfons hat inzwischen ein Restaurant aufgemacht, das heißt: "Zur fliegenden Rosine".
Und da haben jetzt auch alle seine originellen Stühle und Tische zum Gebrauchswert gefunden. Rosine kann sie endlich ehren, denn die übrige Welt kennt ja fast nur giftiges Plastik, und so geht die Geschichte gut aus.
Ich habe die Geschichte dann nicht mehr zu Ende gebracht, denn irgendwann
gab es auf einmal keine weißen Plastikstühle mehr. Sie waren jetzt rot und blau oder geflochten und sahen aus wie Holz oder wie Flechtwerk aus Bast oder Weide. Der weiße Plastikstuhl hatte seinen Symbolwert eingebüßt.
Kulturell/ gesellschaftlich war seine Zeit verstrichen.
Dr Faden der Geschichte war nichts mehr wert.
Ich würde die Geschichte dennoch gerne verwirklichen, den letztlich geht es um das Material Plastik. Wenn Ihr - nun Aufgerüttelten - eine Idee habt, woran ich die Rosinegeschichte neu aufhängen kann, immer her damit!
Ich habe auch schon an die Petflaschen gedacht. Sie sind aber nicht so gut wie der Stuhl....
Lieben Gruß,
Geli :blume2: