Otto ist bei uns eingezogen

Walter

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Mühlviertel, Oberösterreich
Vor wenigen Wochen ist es endlich passiert: wir haben einen Hund.

Viele Jahre haben uns Katzen begleitet, die Geschichte wie zB Baghira 2004 zu uns kam und uns 2018 verlies könnt ihr hier im Forum nachlesen (verlinkt in diesem Satz). Jahrelang haben wir uns auch einen Hund gewünscht, nie war es für uns passend, denn mit zwei Menschen die mehr als Vollzeit arbeiten hat kein Hund richtige Freude.

Nachdem sich mittlerweile die Umstände verbessert haben begannen wir heuer nach einem Tierschutzhund zu suchen und vor wenigen Wochen ist der einjährige Boxermischling Otto bei uns eingezogen.

Seitdem hat sich unser Leben geändert. Wir sind noch mitten in der Kennenlern-Phase und am Vertrauen aufbauen, lernen jeden Tag dazu, aber wir denken, dass Otto sich bei uns mittlerweile schon wohlfühlt und wir noch lange Freude mit ihm haben werden.

So wurde er geliefert (Vorsicht, Scherz):
otto-im-karton.jpg
 
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Eigentlich, und mit diesem Wort beginnen viele Tiergeschichten, ja eigentlich haben wir nach einem ganz anderen Typ Hund gesucht. Wir wollten einen Tierschutzhund, schwarz, eher stämmig, schon etwas älter, möglichst nicht zu schlau damit er nicht zu viel Unsinn anstellt. Das einzige, was davon auf Otto zutrifft: er kommt aus dem Tierschutz, von Animalhope Nitra.

Bei unserem zuerst ausgewählten Hund entschied sich die Pflegestelle aber letztlich doch dafür, ihn auf Dauer zu behalten. Und dann entdeckten wir Otto mit der schwarzen Schnauze, den kleinen weissen Flecken und, wenn er es darauf anlegt, einem Blick der Menschen schmelzen lässt.

Nach einem Besuch bei der sehr netten Pflegestelle Marion und Niklas, die temporär die Pflege von Otto in Österreich übernommen hatten, war es für uns klar, Otto soll bei uns einziehen. Nach dem OK von Pflegestelle wie auch Vorabkontrolleurin konnten wir Otto schliesslich in Wien abholen.

Wir haben zwei Tage nach einem neuen Namen gesucht, konnten uns aber nicht entscheiden und blieben dann einfach bei Otto - kurz und gut.

Warum ein Hund aus dem Tierschutz? Etwas anderes kam für uns nicht in Frage. Die Tierheime sind alle voll und so viele Tiere warten dort auf ein gutes Zuhause!
 
Wir nehmen beide das Thema Hund relativ ernst und wollten dem neuen Familienmitglied ein möglichst gutes, artgerechtes Zuhause bieten, darum haben wir uns gut vorbereitet. Damit wir nichts (oder seien wir realistisch: "nicht viel") falsch machen, lassen wir uns von der kompetenten Hundetrainerin Daniela Loibl begleiten. Motto: gewaltfrei, belohnungs- und bedürfnisorientiert. Das kostet zwar, sehen wir aber nicht als Luxus sondern für Hundeanfänger als Garant für ein gutes Zusammenleben von Anfang an. Lieber Abstriche bei einigen unwichtigen materiellen Dingen machen.

Sie hat dann im Laufe der letzten Wochen auch prompt ein paar unserer althergebrachten Vorstellungen über den Haufen geschmissen. Wir lernen bei ihr jedesmal etwas Neues. Auf manches hätte man vielleicht auch selber drauf kommen können, andere Dinge erscheinen einem im ersten Augenblick unlogisch, funktionieren aber wunderbar.
 
Otto ist zusammen mit seiner Mutter ausgesetzt worden, die beiden irrten Futter bettelnd durch die Gegend in der Slowakei.

Beide wurden von Tierschützern im Auffanglager Nitra untergebracht, einem Tierheim in das Tiere aus Tötungsstationen oder herumirrende Tiere gebracht werden. Sie versorgen durchschnittlich 200 Hunde, reagieren auf Hilferufe, retten Hunde von Autobahnen, aus Schächten, Flüssen, Wäldern und übernehmen von der Polizei beschlagnahmte, misshandelte Hunde. Nähere Infos im Link.

Otto hatte einige Bisswunden, wurde medizinisch versorgt und dann für kurze Zeit auf eine Pflegestelle in Wien gebracht, bis er zu uns fand.
 
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Er ist menschenbezogen, kuschelt gerne, bittet auch aktiv um Streicheleinheiten. Aber er hat natürlich einige Baustellen da ihm vieles einfach unbekannt ist. Auf Geräusche, die er nicht kennt, reagiert er unsicher, manchmal auch panisch. Das reicht von Sirenen über Kirchenglocken bis zu Autoscheiben an denen das Eis abgekratzt wird. Mit viel Geduld und positiver Verstärkung bringen wir ihm bei jedem einzelnen Geräusch bei, dass es keine Bedrohung ist.

A propos Dinge nicht kennen: selbst die Treppe in unserem kleinen Haus war ihm so unheimlich, dass er sie völlig verweigert hat, obwohl es eine für Hunde sehr einfache Treppe ist (nicht offen). Zwei Stufen gingen gerade noch so, er hat sich gaaanz lang gestreckt, das Leckerli geholt und ist wieder umgekehrt. So schlief die ersten Tage immer jemand am Sofa im Wohnzimmer, bis wir ihm auch die Treppe mit vielen Leckerlis "beigebracht" haben.

Glücklicherweise lernt er sehr schnell. Nicht nur die Treppe hat er rasch bewältigt, auch das an der Leine gehen ohne zu ziehen war nach wenigen Tagen erledigt. Andere Baustellen dauern länger, dazu gehört leider auch das Auto fahren, das ihm noch sehr unheimlich ist. Aber auch daran arbeiten wir, mit Leckerlis und mit Experimenten, wie wir ihm den Einstieg und die (derzeit noch sehr kurze) Fahrt erleichtern können.
 
Silvester haben wir einigermassen gut überstanden.

Wir hatten einige Bedenken, immerhin reagiert unser Hund sehr sensibel auf Geräusche. Wir haben deshalb in den Wochen davor mit ihm die typischen Geräusche trainiert mithilfe eines Youtube-Videos (verlinke ich ganz unten). Das Video ist gut gemacht, man hört die typischen Pfeif- und Explosionsgeräusche. Einfach immer wieder Teile des Videos abgespielt, anfangs nur kurz, später länger, und immer wieder bei jedem Geräusch mit Leckerlis belohnt. Mir ist natürlich bewusst, dass das nicht bei jedem Hund funktionieren wird.

Am Silvesterabend haben wir das übliche getan, also alle Rollos herunter, Rückzugsort für ihn bereit gestellt, und ihn beschäftigt. Die Phase bis ca. 23:30 hat er sehr gut gemeistert, die intensive Phase zwischen 23:30 und 0:30 hat ihm zugesetzt, wir hatten aber zwei Stück von seinen Lieblingsleckerli vorbereitet, ein Gummiball mit gefrorenem Bananenpüree versetzt mit kleinen Fleischstückchen. An so einem Teil schleckt er ziemlich lange und zusammen mit Ermunterungen und immer wieder ablenken ging es einigermassen.

Das Trainingsvideo:
 
Mittlerweile haben wir begonnen, mit Markerworten zu arbeiten (also klickern aber mit der Stimme).

Autofahren war lange ein grosses Problem für ihn, seit kurzem gelingt das immer besser und gestern ist er zum ersten Mal von selbst ins Auto rein gesprungen. Wir sind sehr froh darüber, denn mit ihm entweder nicht Auto fahren zu können oder bei nicht vermeidbaren Fahrten mitzuerleben, wie sehr ihn das stresst, war sehr doof.

Noch immer ein Thema sind Hundebegegnungen, aber daran wird gearbeitet.
 
Quasi über Nacht ist aus dem sehr braven, lernwilligen Hund eine triebgesteuerte Schnüffelmaschine geworden, die dank Vierpfoten-Allradantrieb jeden Menschen, auch wenn er viermal so viel wiegt, mühelos hinter sich herzieht. Stichwort: Frühling/läufige Hündinnnen/Pubertät.

Markerwort? Kennt er nicht mehr. Leckerlis, sein bisheriges Ein und Alles? Uninteressant. Frei laufen lassen? Lieber nicht.

Wenn ich nicht auf seinen Lieblingsweg einbiege, wo jede Menge Hündinnen unterwegs sind, setzt er sich einfach auf sein Hinterteil, dreht den Kopf weg von mir und reagiert auf nichts mehr. Für euch getestet: falls ich einen Schritt in die seiner Meinung nach richtige Richtung mache, ist er sofort wieder auf den Beinen, ein Schritt in die falsche Richtung und er sitzt wieder.

Dieser Woche machte sich bei mir schon Frust und Verzweiflung breit. Glücklicherweise kam per Post endlich das bestellt Buch "Sexualverhalten - Hormone - Kastration bei Hunden" von Sophie Strodtbeck, das hat mir die Woche gerettet. Mit etwas Wissen über die Vorgänge kann man Ottos Verhalten wieder mit viel Humor nehmen!

Dafür hatte er gestern einen Tag, wo er wieder halbwegs normal war und alles leidlich gut funktionierte, eine wahre Erholung zwischendurch :) Aber vermutlich mussten nur die Hormone wieder aufgefüllt werden :D

Buchtipp:
 
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