Hallo Ihr zwei!
Ich kann Euch verstehen, aber, damit ein Hund zubeißt, muss ein gewisses Potential an Aggression vorhanden sein. Wodurch auch immer entstanden, er beißt aber nicht, weil ihm grad danach ist. Gewisse Verhaltensstörungen und Krankheiten nehmen jedoch großen Einfluss auf aggressives Verhalten. Das möcht ich an dieser Stelle nochmal erwähnen.
Hundeverhalten ist nicht einfach. Ich höre ganz oft "das war doch ganz grundlos" oder wenn ein Hund eine Borste bekommt "is doch gar nix gewesen". Hunde nehmen aber Situationen ganz anders wahr als wir. Teilweise sehen wir auch gar nicht, was sich in bestimmten Situationen abgespielt hat. Aufschluss gibt uns nur das Ausdrucksverhalten des Hundes. Des eigenen oder das des anderen:
-wie stehen die Ohren: aufgerichtet nach vorn, angelegt, aufgeregt hin und her bewegend.
-wie steht die Rute: steil nach oben, nach hinten weggestreckt, runterhängend, unter den Bauch geklemmt.
-wie wird der Kopf gehalten: aufgerichtet, geduckt
-wie sehen die Augen aus: weit aufgerissen, klein und das gegenüber fixierend
-wie zeigt der Hund ggf. die Zähne: komplett entblößt, nur den vorderen Teil
-wie ist seine Bewegung: "trippelnd", schleichend
Und vieles mehr. Dies alles gibt einen Überblick, was der Hund im Schilde führt.
Viele Unfälle passieren, weil die Hunde angeleint sind. Die Leine ist sozusagen der verlängerte Arm des Menschen und dieser bestärkt ihn in all seinem Tun.
Im nachfolgenden möcht ich ein paar Beispiele nennen.
Zusammentreffen kleiner und großer Hund. Der kleine ist angeleint, der große nicht. Der große kommt interessiert auf den kleinen zugelaufen. Der Besitzer von dem kleinen Hund hat aber Angst. Nun bellt auch der kleine aus Angst und der Besitzer nimmt ihn auf den Arm, um ihn zu beschützen. Das klassische was nun passiert, ist, dass der kleine sich durch seinen Menschen bestärkt fühlt und erst recht bellt. Nun kommt es drauf an, wie sich der große Hund verhält. Will er z.B. den kleinen bloß beschnuppern, wird er durch hochspringen versuchen, den kleinen zu erreichen. Für den Menschen ist dieses Verhalten aber äußerst unangenehm und er wird versuchen sich z. B. wegzudrehen oder den großen Hund wegzuschupsen. Ganz schlecht ist es, wenn der Mensch panisch wird und noch dabei rumschreit und wild mit dem Arm fuchtelt. Die ganze Situation ist überhitzt und wohlmöglich bellt der kleine immer mehr. Der große Hund kann sich durch das Verhalten beider (Mensch + Hund) jetzt angegriffen fühlen und schon eskaliert alles. Obwohl ja eigentlich nix gewesen ist. Hier ist es aber Faktor Mensch.
Anderes Beispiel: 2 angeleinte Rüden treffen aufeinander. Sie kennen sich und sie freuen sich auch. Beschnüffeln sich, springen ein bissel hin und her. Durch das "rumzappeln" der beiden verzetteln sich die Leinen immer mehr, bis beide dicht an dicht stehen und weder vorwärts, noch rückwärts kommen. Mit einem Mal knurren sich beide an. Für den Menschen vielleicht nicht ersichtlich, aber die nötige Distanz die beide für sich beanspruchen, ist jetzt nicht mehr gegeben und es kommt zur Rangelei. Hier ist es allerdings seltener, dass eine Beißerei entsteht. Machtgerangel und Wahrung der Rangordnung wird hier ausgetragen. Aber Faktor Leine.
Ich erzählte Euch ja bereits, das Debbie mit einem Schäferhund mehrmals schlechte Erfahrungen gemacht hat. Eine Situation ist ebenfalls ein Klassiker. Ich komme zu unserer (selbsternannten) Hundewiese. Dort tummeln sich bereits mehrere Hunde und auch der besagte Schäferhund. Debbie ist hocherfreut und rennt auf die Truppe zu. Der Schäferhund nimmt Debbie wahr und beobachtet noch einen Moment. Dann stürzt er auf Debbie zu und jagd sie durch das Waldstück. Für ihn bedeutete Debbie's zulaufen: "Da kommt ein Fremdling/Eindringling. Der gehört nicht zum Kreis unserem auf der Wiese geschlossenen Rudels. Dieser Eindringling kann unter Umständen mein Rudel in Gefahr bringen. Und dies verteidige ich als Rudelführung. Das ist meine Aufgabe". Natürlich war ich nicht glücklich darüber, aber dieser Hund hat einen ausgeprägten Schutzinstinkt. Für ihn normal, aber für einen Haushund keine positive Eigenschaft. Der Halter sollte auf dieses Verhalten Einfluss nehmen.
Ein weiteres Beispiel mit Debbie: Debbie hat einen Dackel-Terrier-Mix als Freund. Die beiden spielen immer miteinander und es ist wirklich schön anzusehen. Nun war es einer dieser heißen Tage und Debbie war gar nicht erfreut, das sie mit mir raus musste. Und bevor mein Hund absatzkehrt macht, nahm ich sie an die Leine. Leinegehen ist furchtbar für sie und da sie mit musste, war sie schon etwas knatschig gestimmt. Wir trafen auf "Lucky" und im Gegensatz zu Debbie überschlug er sich vor Freude. Debbie ließ sich geduldig beschnuppern, die Lefzen lecken. Aber als er sie anhuckte (seine Aufforderung zum Spielen - Debbie kannte das) war es dann zuviel für sie. Sie stürzte sich auf ihn und brachte ihn mit einem tiefen Geknurre zur Räson. Nicht das sie biss, nein, sie unterwarf ihn und er gab deutliches Signal, das er sich "ergab". Debbie akzeptierte das und schon war die Situation geklärt. Meine Hundebekannte konnte ja die "Vorgeschichte" zu diesem Gassigang nicht wissen und so passierte dies für sie auch "aus heiterem Himmel".
Um Deine Frage zu beantworten Lissy, nein, in einer Situation wo ein Hund totgebissen wurde, war ich noch nicht. Aber ich wurde selbst gebissen - von einem Husky. Damals hatte ich noch wenig Ahnung von Hunden und machte einen Fehler. Es lief nämlich ein anderer Rüde an "seinem" Grundstück vorbei. Er war von Null auf 180 und bellte, knurrte was das Zeug hielt. Ich wollte ihn beruhigen und packte ihn am Halsband - tja und da packte er gleich 2 x zu. Großer, großer Fehler meinerseits, aber ich verstand es erst viel später.
Lissy, eine Frage bitte: was meinst Du mit "die beiden haben immer zusammen gespielt"? Es gibt Situationen, in denen ein Spiel "umkippt". Das ist z.B. gegeben, wenn 2 Hunde um einen Stock zergeln. Erst spielen sie ganz niedlich mit dem Stock und mit einem Mal wird aus Spiel ernst. Denn wenn das Rangniedrigere Tier im Zergeln stärker ist, wird sich das das ranghöhere Tier nicht bieten lassen. Ist übrigens auch beim Spielen mit dem Mensch so. Es gibt wirklich Hunde, die, wenn sie ein Zerrspiel immer gewinnen, die Rangordnung anzweifeln. Debbie gehört zu diesen Hunden. Ihr Knurren wird dann tiefer und sie versucht um jeden Preis die Beute zu bekommen. Sie schlägt dann sozusagen im Verhalten "über die Stränge". Dann muss man das Spiel soofort beenden und den Hund in seine Schranken weisen.
So, ich hoffe, ich konnte Euch mit meinem Roman ein bisschen aus dem Hundeverhalten vermitteln, dass ein Hund nicht grundlos zubeißt oder aggressiv reagiert?!
Alles Liebe Marie :blume2: