welpe schnappt und knurrt

AW: welpe schnappt und knurrt

Huhu! Ich habe die letzten beiden mails gerade nicht mitgekriegt! Dieses habe ich vorher geschrieben.

Hallo Gonzita,

ich hab's von Günther Bloch, der die Wölfe jahrelang beobachtet und erforscht hat. Parallel: Konrad Lorenz, Erik Zimen.

Und ja, das Rudel mit der Hierarchie gibt es bei Wölfen NUR unter Verwandten!

Bloch hat auch eine Studie mit freilaufenden, "wilden" Hunden in Südeuropa gemacht - Hierarchie auch hier innerhalb des verwandschaftlichen Rudels. Nicht dem Rudel zugehörige Hunde werden verjagt, gebissen, ausgeschlossen, getötet.

Siehst du, und genau deshalb werden unsere Hunde uns niemals als Rudelführer sehen, denn wir sind weder Hunde noch mit ihnen verwandt. ;)

Interessanter Weise wird aber nicht der Canine Rudelführer, der am stärksten und 'wildesten' ist, sondern der Hund/ die Hündin!, die die meiste soziale Kompetenz mitbringt! Die also Streit im Rudel schlichten kann, die die (halb) erwachsenen Herren und Damen bei der Welpenaufzucht kontrollieren kann und im Griff hat, die die besten und ergiebigsten Fährten findet.
Hunde orientieren sich eindeutig an der sozialen Kompetenz eines Rudelsführers. Bzw. akzeptieren nur einen solchen in dieser Funktion, der sie hat!

Ich finde das nur logisch. Sieh dir doch mal die wirklich dominanten Hunde an. Die haben es nicht nötig zu knurren, die Zähne zu zeigen, irgendwem "drüber" zu fahren oder einen Streit anzuzetteln. Bei einem dominanten Hund genügt ein Blick und die anderen wissen bescheid. Und so jemand besitzt die soziale Kompetenz um ein Rudel souverän zu führen.


Da der ( kleine) Hund ja von Menschenfamilien aufgenommen wird, kommt er dort in eine fremde Rudelstruktur. Um zu überleben, muss er zwangsläufig sich dieses Rudel zu eigen machen. Er kann es gar nicht riskieren, sich als Außenseiter zu outen, denn dies würde nach dem Gesetz der Wölfe und der wilden Caniden ( Hunde) seinen unweigerlichen Tod nach sich ziehen.
Er spürt instinktiv: Anpassung an Sitten und Gebräuche im Menschenrudel sind gut! Er versucht einzuordnen, wer in seiner Familie die meiste soziale Kompetenz hat. Wer ihn vor Angriffen anderer schützt, oder auch einem Streit diplomatisch aus dem Wege geht. Kleiner Hund will sich orientieren!
Als Welpe ist er natürlich noch ziemlich dumm, und probiert eins nach dem anderen sämtliche möglichen Katastropen aus.
Er verschleppt Herrlis besten Lederschuh und zerkleinert ihn unter'm Fliederbusch, er beisst ins Wasserbett, er fängt Hummel und lässt sich in die Zunge stechen, er piselt unbewusst auf die Couch, weil es dort einschlafend so herrlich warm ist und wie bei Mama im Welpennest. Allen Leuten zwackt er in die Hände und Füße, denn er will spielen!

Und jetzt ist der Mensch dran! Kann Mensch wie ein guter Rudelführer Kleinchens Gebaren einordnen und reagiert in minimal 50 von 100 Situationen richtig, hat Hund seine Orientierung gefunden. Er wird sich bemühen, sich anzupassen und seinem 'Chef' ein guter Helfer zu sein.
Denn das Rudel funktioniert nur, wenn sich die einzelnen Mitglieder zuarbeiten. Das sind 14.000 Jahre Evolution! Und 14.000 Jahre gemeinsame Entwicklung zwischen Mensch und Hund, die bewirken, dass der Hund ein drittes Mal nicht ins Wasserbett beisst, keine Schuhe mehr verschleppt, nicht auf die Couch pinkelt.

Gelingt es dem Menschen aber, gänzlich die Körpersprache, Laut- und Augensignale seines Vierbeiners zu übersehen, wird es schwierig. Hund hat keine Orientierung. Nicht selten schwingen sich dann einige Rüden oder Alphahündinnen zum Rudelführer auf, die ihre Menschen nicht mehr auf die Couch lassen.

Und wenn ich mir ein solches Verhalten angucke, besteht für mich überhaupt keine Frage mehr, dass das Hundesystem hierarchisch geprägt ist.

Gleichzeitig erlebe ich ganz oft, dass gerade junge Hunde viel seelische Unterstützung brauchen. Wenn ein fremder Hund entgegen kommt, legen sie sich oft beim Spaziergang hin und bewegen sich nicht mehr von der Stelle.
Das kluge, und sozial sichere Frauli geht dann einfach vor und - in Welpenaugen mutig! - der fremden Bedrohung entgegen.
Ist nix, kannst kommen, signalisiert es dadurch. So kann auch kleiner Welpe Mut fassen und schnuppern gehen. "Hab 'ne gute Chefin!" empfindet er. Und falls sich der fremde, freilaufende Hund tatsächlich einmal als bös beissend erweisen sollte ( wir hatten das 2 x in fast 30 Jahren Hundehaltung) was macht die kluge Rudelführerin? Sie brüllt ihn mit Donnerstimme zu Boden!

Oh, ich kann gut Hund sein!

Einen lieben Gruß!
Geli

Was du beschreibst finde ich zwar treffend, würde es aber nicht mit Rudeldasein verbinden. Orientierung ja, Vertrauen ja aber dass der Hund mich deshalb als "Chef" sieht, daran glaube ich nicht, Bloch hin oder her. ;)

Schau dir doch mal so manch Hundehalter an, die der Überzeugung sind dass der Hund ihn als Rudelführer zu akzeptieren hat und sich unterordnen muss.
Nicht selten wird da kein Kommando gesprochen sondern grundsätzlich gebrüllt. Wird das Kommando nicht ausgeführt, dreht man den Hund auf den Rücken (da steigt mir regelmäßig die Zornesröte ins Gesicht :wut3:) oder haut mal eben drauf.

Klar können solche Hunde auch folgen, aber meiner Meinung nach aus den falschen Gründen, nämlich aus purer Angst. :(

Meine Hunde hören weil sie einen Nutzen daraus ziehen. Nichts weiter. Das fängt man mit ultimativen Leckerlis UND Lob UND totalem Auszucken vor Freude an, und reduziert auf ein ruhiges "Braaaaaaav". Fertig. Was will ich mehr und wozu muss ich da noch Rudelführer sein? :)

lg
Martina

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AW: welpe schnappt und knurrt

Hallo Gonzita,

ich glaube, wir meinen das gleiche unter verschiedenen Begriffen:
Schau dir doch mal so manch Hundehalter an, die der Überzeugung sind dass der Hund ihn als Rudelführer zu akzeptieren hat und sich unterordnen muss.
Nicht selten wird da kein Kommando gesprochen sondern grundsätzlich gebrüllt. Wird das Kommando nicht ausgeführt, dreht man den Hund auf den Rücken (da steigt mir regelmäßig die Zornesröte ins Gesicht ) oder haut mal eben drauf.
Das ist für mich kein 'Rudelführer', auch kein guter "Chef' sondern ein unwissendes A****loch! Er versteht sein Köti in keinster Weise!
So jemand hat eben überhaupt keine soziale Kompetenz!

Aber dass die Hunderüdelführer(innen) die haben, haben wir ja übereinstimmend festgestellt.

Ein Hund, der sich über seinen Blick mit Dir verständigt, hat eine gute innere Bindung zu Dir aufgebaut. Du hast ihm einige Male in Eurem Zusammenleben durch Dein Verhalten, Deine Worte und den Klang Deiner Stimme gezeigt, dass Du a) mit allen Lebenswirklichkeiten klarkommst, und b) ihn, den Hund, verstehst. Er nimmt Dir ab, dass Du soziale Kompetenz besitzt. Deshalb könnt ihr ein inniges Verhältnis miteinander aufbauen, in dem der Hund dir auch bald gegen seine Angst, gegen sein inneres Widerstreben in verschiedenen Situationen folgt.

Das fängt man mit ultimativen Leckerlis UND Lob UND totalem Auszucken vor Freude an, und reduziert auf ein ruhiges "Braaaaaaav".
Ja!!!!
Wenn der Hund Dir jetzt voller guter Bindung in die Augen schaut, würdest Du vielleicht einfach sagen: Er hat Vertrauen gewonnen! Ja, hat er auch! Aber gleichzeitig bist Du sein Boss und er orientiert sich an Dir! An Deinem Verhalten und an Deinen Wünschen!

Ich sag mal zwei Beispiele:
Als ich Bonnie mit 5 Monaten bekam, jagte sie noch. Ich habe sie da natürlich zurück rufen wollen, und ein Stück ängstlicher Missklang schwang in meiner Stimme mit.
Nach wenigen ergebnislosen Rufversuchen habe ich, da wo Rehe oder Hasen waren, mit ihr begeistert Ball gespielt. Bald zeigte sich: Ich war interessanter als die Rehe oder Hasen, denn sie blieb bei Reh- oder Hasensicht bei mir. Erst wenn ich 200 Meter weiter den Ball wieder einsteckte, fiel ihr ein, dass sie ja Rehe gesehen hatte - und sie rannte (nun mit 6 Monaten) unabrufbar zurück. Da waren die Rehe aber schon über alle Berge.
Und dann kam, kurze Zeit später, die Sache mit der großen Kaninchenwiese:
Dort gehen wir jeden Morgen und jeden Abend zum ersten und letzten Geschäft hin, Bonnie den Ball im Maul, und die Mümmler hocken im geschorenen Gras ( Wiese gehört zu einer großen Rasenmäherfirma) und mümmeln.
Bonnie betrachtete sich also die Kaninchen, hob zum Anzeigen des Jagens vor Wild ihre rechte Pfote in Vorstehhaltung ( ihre Beimischung ist ein Vorstehhund) - und sah mir dann in die Augen. Der Blick hieß: "Wollen wir jetzt Kaninchen jagen, Frauli?"
"Nein, Bonnie, wir spielen lieber Ball," antwortete ich mit Menschenstimme. Also setzte sie sich hin, schaute zu, wie die Karnickel eines nach dem anderen forthoppelten, und nachdem das letzte verschwunden war, nahm sie ihren Ball auf und spuckte ihn mir auffordernd vor die Füße. So ist es seitdem bis heute geblieben.

Das ist ein Beispiel von Bindung. Und für mich auch ein Beispiel für Akzeptanz ihres Vorbilds, ihrer Rudelführerin, die freundlich sagt: "Wir jagen nicht!"
Ich bin sicher, weniger gut gebundene Jagdhunde mit geringerer Akzeptanz des "guten Cheffis", hätten viel größeres Vergnügen am Fortlaufen und Jagen gefunden, als den Kaninchen beim Weglaufen zuzusehen.

Beispiel zwei erlebte ich vorgestern:
Mischlingshündin Lara (1 1/2) Bonnie allerbeste Spielfreundin , ist kürzlich gebissen worden. Sie hat eine innige Bindung zu Andrea, ihrer Besitzerin.
Wir gehen oft zusammen spazieren. Vorgestern kamen wir also aus dem Wald, und auf der freien Wiese davor, über die unser Weg führen musste, tollten sieben große, schwarze Schäfer- und Schäfermischlingshunde. Bonnie lief angstfrei vorweg, Andrea und ich sahen auch sofort, dass die Tiere in Ordnung waren. Ihre Gesichter waren allesamt lieb und lächelnd, zum Teil trugen sie dicke Stöcke, zum Teil spielten sie, zwei waren schon sehr alt.
Aber Lara packte bei Hundesicht die Panik! Sie quiekte vor Angst, sprang immer wieder an der Seite ihres ausschreitenden Frauchens hoch, versuchte sie quiekend anzuschauen, versuchte doch zumindest EINEN klärenden Blick aus ihren Augen zu ergattern! Aber Andrea ging blicklos stoisch weiter, nach dem Motto: Ängstliche Hunde soll man nicht auch noch bejammern.
Lara quiekte und jaulte immer verzweifelter, sie wollte nicht voran! Sprang nun von hinten an Andrea hoch! Ihre Aussage hieß: " Frauli, da sind ungeheuer gefährliche Hunde! Vielleicht werden sie dich nicht beissen, aber MICH! MICH beissen sie bestimmt!"

Im Umdrehen auf ihr vermehrtes Weinen hin, tat mir das verweifelte Köti zu leid, und ich rief:" Andrea, jetzt tu doch was!" - " Na, was denn?" - " Halt einen Moment inne und guck Deinen Hund an! Streichel Lara ruhig über den Kopf und sag ihr: "Ja, ich habe die Hunde auch gesehen! Aber DU schaffst das, Lara! - Komm, wir gehen gemeinsam hin, und dann wird das schon!"

Der Hund hatte nur auf diese Sekunde des Austausches gewartet! Danach war die quiekende Angst weg und Lara ging deutlich selbstbewusster, zunächst an Fraulis Seite, und dann vorlaufend allein durch das Rudel. Möchte dann sogar schnuppern und begrüßen.

Das, was Andrea da auf meinen Ruf hin tat, das war auch "soziale Kompetenz". Und indem sie so reagierte, zeichnete sie sich als Führerin für Lara aus. Wenn sie einfach weitergegangen wäre, und einer der schwarzen Kötis wäre auf den Hund zugelaufen, hätte Lara vielleicht aus Angst gebissen.
Also, jemand der situativ richtig regieren kann, ist für mich der gute "Cheffe", an dem Hund sich orientieren kann, weil Hund es auch WILL. - Siehe oben.

Und wenn ich mir Deine drei Süßen in Morgenmänteln auf der Couch angucke, bist Du ein verdammt guter Rudelführer. Selbst wenn Dir der Begriff überhaupt nicht gefällt und Du ihm alles mögliche Schlechte zuordnest, was ich aber überhaupt nicht meine.

Einen lieben Gruß Dir!
Geli :blume2:
 
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AW: welpe schnappt und knurrt

Hey Geli!

Vermutlich meinen wir wirklich das Selbe, jedoch hat all das meiner Meinung nach nichts mit Rudelführer, Chef etc. zu tun sondern mit - wie du so schön sagst - Bindung und vertrauen.

Dass wir da "Rudelführer" sehen, ist meiner Meinung nach eine rein menschliche Einschätzung, der Hund sieht uns nicht so, wenn du mich fragst. So wie ich das sehe, vertraut uns der Hund einfach und tut Dinge weil er einen Nutzen daraus zieht, nicht aber weil er sich denkt "das ist mein Chef/Rudelführer weil er mehr soziale Kompetenzen hat als ich, dem gehorch ich".

Ich finde eben, wir verkomplizieren das gerne, der Hund sieht das imho wesentlich lockerer. :D

lg
Martina
 
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