AW: Hundetherapeut oder Hundepsychologin gesucht
Hallölis, ihr Lieben,
erst heute Abend bin ich wieder da, um mich in - die inzwischen weitergegangene - Diskussion einzuschalten.
Liebe Batida, liebe Eva,
ich gehe fest davon aus, dass Hunde Wörter verstehen können, und sogar noch mehr Wörter und Bezüge verstehen, als wir annehmen.
Ein kleiner Border-Collie, Rico, revolutionierte 2001 ( glaube ich) , die Wissenschaft, als er in der Sendung "Wetten, dass?" schon über 84 verschiedene Begriffe kannte. Inzwischen hat sich sein Können noch erhöht:
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/cstuecke/70233/index.html
http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-1005-2004-06-14.html
Und das, obwohl in den 90iger Jahren in der einschlägigen Literatur propagiert wurde, dass Hunde- als Ergebnis wissenschaftlicher Forschungen- nicht das Wort, sondern nur den Laut verstünden.
Rico lieferte den wissenschaftlichen Gegenbeweis--- von dem längst schon viele Hundehalter und Trainer wussten.
Sie wurden aber sozusagen von der damaligen Wissenschaft "ausgekippt". So kam es, dass viele Leute auch noch heute glauben, der Hund verstünde kein einziges Wort...
Interessant ist weiterhin, dass Rico zeigt, dass er zu kausalem Denken fähig ist. Nennt man ihm eine unbekannte Spielzeugbezeichnung ( Wie: hol' den Nikolaus!), läuft er in den Nachbarraum und bringt mit großer Treffsicherheit jenes Spielzeug, was er noch nicht kennt und für was er keinen Begriff hat. Er sortiert also: "Hier habe zig 100 Spielzeuge! Das da ist "Bär, das ist "Ball", das ist "Quiekeball", das ist "Fußball", daneben ist "Flummiball", hier haben wir "Kuh", daneben "Teddy"... und so weiter, bis er auf einen Gegenstand stößt, der noch keine Bezeichnung hat - und den apportiert er!
Es geht aber noch weiter. Ich bin überzeugt, dass Hunde doppelgliedrige Sätze mit - zumindest zwei (wenn nicht mehr)- Kausalitäten verstehen.
Mein bestes Beispiel ist hierfür folgendes:
Wir haben 30 Grad im Schatten. Nach dem Hundeausflug sitzt Bonnie hechelnd im Auto und wünscht sich offenbar nur eins: zu Hause schnell in den kühlen, schattigen Garten abzutauchen. Es ist aber nicht dringend.
Bonnie hat im Fluss geschwommen, sie ist noch nass, sie hat genügend gesoffen - und ich bin eigentlich nur zu Haus vorbeigefahren, um das Portemonnaie zu holen, was ich liegengelassen hatte, denn ich will noch einkaufen gehen.
Also sage ich der ungestüm herausdrängen wollenden: "Warte Bonnie! Ich hole nur noch schnell das Portemonnaie, dann gehen wir einkaufen!"
Zupp! Sofortige Änderung des Hundeverhaltens! Obwohl ich den Kofferraum und die Türen des Kombis auffreiße, damit sie frischere Luft bekommt, bleibt sie sitzen. Sie lächelt über das ganze Gesicht.
Bonnie geht unendlich gerne einkaufen! Bedeutet es doch für sie, vor Läden abzuliegen und anschließend ausgesuchte Sachen zu meinem Auto zu apportieren: Ihre Leckerlietüte, eine Porreestange, die große Klopapierpackung...
Aber jetzt, in diesem Moment ist klar, sie hat verstanden: " Im Auto warten" und " Wir gehen einkaufen."
Wenn ich nur gesagt hätte "Warte!" hätte sie zwar gehorcht, aber das hätte diese offensichtliche Freude nicht ausgelöst.
Soviel zum Wort.
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Hunde hören aber nicht nur auf das Wort, sie hören absolut auch auf den Laut, mit dem es vorgetragen wird. Eine vom Laut her hektisch, schimpfend vorgetragene Botschaft mag sie in Schrecken zu versetzen, obwohl sie die einzelnen Wörter kennen.
Darüber hinaus reagieren Hunde auf Körpersignale ihres Besitzers und auf einfache Zeichen. ( Wenn du einen dir gegenüber nervösen Hund hast, schau weg und gähne.- Calming Signals - Es ist so einfach!)
Mit Lucy ( meiner letzten und absolut verkehrssicheren Hündin) habe ich die faszinierende Erfahrung gemacht, dass sie wunderbar auf Worte hörte, auch sehr gern auf geflüsterte ( oh, wie spannend, Frauli!). Man brauchte bei ihr absolut nicht laut zu sein.
Parallel reagierte sie auf klitzekleine Handzeichen, die außer ihr vermutlich niemand wahrnahm. Wie, freilaufend neben mir an der Straße auf meine -ansonsten frei baumelnden - Hände. Zeigefinger zeigt nach unten: Sitz. Handfläche parallel zum Boden: Platz, Warte.
Zeigefinger bewegt sich etwas nach vorne: Lauf! ( zum Beispiel über die Straße.) Handfläche geht im Baumeln steif etwas hoch: Bleib! Warte da drüben!
Ich würd's nicht glauben, wenn ich das nicht selber erlebt hätte, bei einem Hund.
Also, es geht beides! Leise Worte und Handzeichen.
Die dreijährige Bonnie ist aber noch lange nicht so weit, die die damals 13 jährige Lucy!
Jetzt aber zu der Sache mit den Autos:
Ich habe es, ganz klar, zunächst mit Worten gemacht!
Vorgeschichte: Ich hole mein 6 Monate altes, spanisches Hundekind Nachts am Flughafen ab. Sie war schon von Anfang an sehr verständig, sehr zugeneigt. Am nächsten Morgen, direkt beim ersten Hundegang, passiert etwas Irres: Noch bevor wir aus dem Haus sind, möchte Hundekind ihre rote Flexieleine selber im Maul tragen. Lucy, ihre -verkehrssichere- Vorgängerhündin hatte das 13 Lebensjahre immer gemacht, und genau das war das Irre, dass Bonnie ihr Verhalten aus dem Stehgreif zu kopieren schien. Also ließ ich das ( sehr verblüfft, wohlgemerkt) zu.
Nu' kann ich ja nicht mit 'nem 6 Monate alten Hundekind freilaufend auf die Straße gehen! Wenn sie die Leine tragen wollte, musste sie sofort bei Fuß gehen lernen! Jetzt ist die Straße bei uns relativ still. ( In den ersten Tagen habe ich es auf gefährlichen Strecken auch so gemacht, dass sie die eine Leine trug, während ich sie an einer anderen führte.)
Aber direkt beim allerersten Gang, beim ersten Heraustreten aus dem Gartentörchen, habe ich Bonnie klar zugeflötet: " Komm bei Fuß!" und gegen meinen Schenkel geklopft. "Hier gehst du bei Fuß! Ja, feeeein!"
Es funktionierte ETWAS, jedenfalls lief sie nicht weg, sondern war sehr konzentriert, suchte meinen Blick. Dann kam von weitem ein Auto.
"Bonnie, da kommt ein
gefährliches Auto!" erzählte die gute Tante Geli mit der spannensten Geschichtenerzählerstimme. "Wir müssen seeehr
vorsichtig sein! Autos sind
gefährlich! - Komm bei Fuß, bleib bei Fuß! Komm hierhin!" Ich richtete ihr Körperchen streichelnd neben meinem Bein. "Ja, so ist feeeeiin!"
Ich habe jetzt "gefährlich" und "vorsichtig" im Text fett markiert, um auf die Wichtigkeit dieser Worte hinzuweisen --- tatsächlich habe ich sie aber Bonnie gegenüber beinahe geflüstert. Könnt Ihr Euch so einen Satz - also auch Kindern gegenüber - in etwa vorstellen?
"Pass' auf jetzt, da kommt ein ganz
gefährliches Auto!"
Also, ich habe ihre jugendliche Ankunftsunsicherheit ganz klar ausgenutzt, um sie an meine Beine zu binden.
Die kleine Spanierin verstand natürlich anfangs kein Wort, aber sie hörte den warnenden Tonfall.
Ich mache das mit dem Warnen in dem Gedanken, dass auch Hundemütter und Leitwölfe ihren Kleinen und ihrem Rudel über Körper-und Lautsprache vermitteln, wann Gefahr droht und wie man sich dann am besten verhält.
Bei Lucy hat das Warnen gut funktioniert. Bonnie - relativer Junghund- ist schon gut, aber längst nicht so perfekt wie Lucy mit 13 einmal war. Die vorherigen Hündinnen Julchen Tüpfel und noch früher, Charlie, konnte ich nicht an der Straße frei laufen lassen. Ich hatte noch nicht die Fähigkeit, sie im Griff zu behalten.
Aber es geht, Batida! Und auch Du kannst das! Du kannst Deinen Maddox erreichen! Versuche es!!!!
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Bald relativiert sich das mit der anfänglichen Furcht des Junghundes, weil ja nie etwas mit vorbeifahrenden Autos passiert. "Tut ja nix!", denkt sich kleiner Köti. - Und dann setzt genau das ein, was Du geschildert hast, Eva.
Geli ruft Klein-Bonnie zu sich wenn Autos kommen.
Bonnie merkt: wenn Autos kommen, ruft Frauli.
Frauli Geli zeigt Klein-Bonnie, dass es ihr gefällt, wenn Klein-Bonnie bei ihr ist während Autos passieren.
Klein -Bonnie mag es, wenn Frauli das macht.
Geli verhält sich gegenüber Autos defensiv. Bonnie versteht diese Geste.
Bonnie verknüpft also Autogeräusche mit einem guten Platz an Gelis Seite.
Auto kommt - Bonnie kommt zu Geli.
Geli freut sich ganz doll als Bonnie das erste Mal die richtigen Schlüsse zieht und freiwillig kommt weil sie ein Auto hört.
Bonnie verknüpft keineswegs mit allen Autos, sondern nur mit denen, die sich nähern.
Vor allem letzterer Satz ist Klasse! Bonnie verknüpft tatsächlich nicht mit allen Autos, sondern nur mit denen, die sich nähern.
Lieben Gruß,
Geli :blume2: